Die Sache mit dem Staudruck – und Auspufftöpfen.
Seit 2017 baut selbst HD keine Klappensysteme mehr in die Krümmeranlagen ein. Dies zum einen, weil der Gesetzgeber es mit der Einführung der Euro 4 Stufe vom Hersteller so fordert, zum anderen, weil die Anlagen inzwischen sehr genau abgestimmt werden müssen, um die strengen Anforderungen zu beherrschen. Nur eine nicht veränderbare Auspuffanlage lässt sich auf Harleys perfekt abstimmen. Natürlich sind im Rennsport und zu anderen Zeiten auch ganz andere Dinge möglich gewesen, aber darum geht es hier auch nicht wirklich. Auch die hier angesprochenen Resonanzen unterscheiden sich gravierend von denen, die für einen Zweitakter essentiell wären.
Es geht hier darum, zu zeigen, warum es nicht funktionieren kann, mittels Klappensystemen in Endtöpfen auf Krümmeranlagen mit Interferenzrohren oder Kammern zu arbeiten. Egal, ob es nun originale Krümmer oder Zubehörkrümmer sind. Sogar mit zwei einzelnen Rohren wäre es ähnlich. Die schwingende Gassäule im Abgassystem ist empfindlich. Aber zunächst mal zu den erstgenannten Krümmern mit Interferenzrohren.
Bild 1. zeigt eine originale Kümmeranlage mit Interferenzverbindung und Serienendtöpfen oder zumindest einem Statischen System. Jede Harley-Davidson seit 2017 hat dieses Konstruktionsprinzip. Die Anlage ist so konstruiert, das die Staudruck-Verhältnisse in den Anlage bestimmte Werte nicht überschreiten. Die pulsierende Gassäule des Abgasstroms erzeugt an bestimmten, vorausberechneten Punkten interferrierende Druckwellen, sogenannte „Hotspots“. Im ersten Hotspot sitzten üblicherweise die Lambdasonden im Krümmer. Dies ist der beste Punkt, um die nötigen Daten für die Berechnung der Gemischbildung zu sammeln. Im Entstehungspunkt zweiten „Hotspot“ sitzt das Interferenzrohr. Da die Hotspots u.a. durch Druckwellen emmitiert werden, findet ganau hier auch der Druckausgleich zwischen den beiden Krümmern statt. Dadurch entsteht ein runderer Motorlauf bei gleichzeitig niedrigeren Emmissionen und zusätzlich Drehmoment. Die Anlage ist über das gesamte Drehzahlband so konzipiert worden, dass jeweils die besten Werte erreicht werden. Langlebigkeit, Drehmoment und letztlich Sound sind wichtig . Natürlich muss der Hersteller sämtliche Gesetzlichen Anforderungen erfüllen.
Bild 2. zeigt eine Krümmeranlage mit Interferenzrohr und Auspufftöpfen mit Klappensystem. Es spielt zunächst keine Rolle, ob originale Krümmeranlage oder eine aus dem Zubehör. Die Klappen sind geschlossen. Der Staudruck in der Gesamten Anlage ist durch die geschlossenen Klappen höher als bei einem Serientopf, der Resonanzpunkt an der Klappe, wo die Druckwelle des Abgas auftrifft ist ebenfalls anders positioniert als bei dem Serienauspuff. Damit verschieben sich die gesamten Druckverhältnisse in der gesamten Anlage und somit auch die der „Hotspots“, also der Druckfronten. Diese wandern nämlich Richtung Zylinder zurück, weg von der idealen Messposition der Lambdasonden, weg vom Interferenzrohr. Der zweite Hotspot und dessen Druckwelle kann die Interferenzverbindung nicht mehr nutzen, da auch er verschoben ist. Die Folgen sind sofort spürbar. Es entsteht zwar im unteren Drehzahlband zunächst etwas mehr Drehmoment, der Motor läuft etwas smother, aber auch schon direkt heisser. Die Lambdasonden messen nicht mehr im optimalen Bereich und das Benzingemisch wird sich ggf. abmagern, was zu weiterer Hitze führen wird. Der Abgasdruck erhöht sich sehr schnell mit steigender Drehzahl, der Motor arbeitet gegen sich selbst und verliert Leistung. Die Gefahr eines Motorschadens ist gegeben.
Bild 3. zeigt wiederum eine Krümmeranlage mit Interferenzrohr und Auspufftöpfen mit Klappensystem. Es spielt auch hier zunächst keine Rolle, ob originale Krümmeranlage oder eine aus dem Zubehör. Die Klappen sind offen. Der Staudruck in der Gesamten Anlage ist durch die geschlossenen Klappen ganz erheblich niedriger als bei einem Serientopf, der Resonanzpunkt an der Klappe, wo die Druckwelle des Abgas auftrifft ist quasi weg, anders als bei dem Serienauspuff. Damit verschieben sich die gesamten Druckverhältnisse in der gesamten Anlage und somit auch die der „Hotspots“, also der Druckfronten. Diese wandern in Richtung Endtöpfe, weg von der idealen Messposition der Lambdasonden, weg vom Interferenzrohr. Der zweite Hotspot und dessen Druckwelle kann die Interferenzverbindung auch nicht mehr nutzen, da auch er verschoben ist. Die Folgen sind sofort spürbar. Es entsteht im unteren und mittleren Drehzahlband ein Drehmoment-Verlust, der Motor läuft zwar etwas freier hoch, aber auch rauher. Der höhere Dezibelwert vermittelt zumindest akustisch Leistung, wo sie tatsächlich fehlt. Die Lambdasonden messen nicht mehr im optimalen Bereich und durch den fehlenden Staudruck wird es auch nicht mehr möglich, dies zu kompensieren. Das Benzingemisch magert ab, es ist mehr unverbrannter Sauerstoff im Abgas und das wird heisser. Die Gefahr eines Motorschadens ist auch hier gegeben.
Kompensiert wird das, zumindest in der offenen Klappenstellung, durch das unabdingliche, nachträgliche Mappen der Einpritzanlage, üblicherweise mit angereichertem Gemisch. Rechtlich ist es natürlich bedenklich, die Map zu verändern, aber zumindest dann kann man dann Leistung und Drehmoment halten, solang die Klappe offen ist. Moderne Systeme steuern die Klappe aber elektronisch, zumindest dann, wenn es der Besitzer erlaubt. Da das HD-Steuergerät aber nur eine einzige Map beherrscht und keine verschiedenen, für jede einzelne Klappenstellung nötige Maps und auch über keine dazu nötigen Sensorik verfügt, läuft das Auspuff-System größtenteils suboptimal. Nur offen rennts gut, aber eben auch laut, sehr laut.
Wenn eben Sound auch Design und Leistung zählt, ist eine statische Anlage faktisch immer noch das beste, um maximale Werte legal aus allen Bereichen herauszukitzeln.